Imbolc

CANDLEMAS
Das Licht kehrt zurück
von Mike Nichols

Es erscheint fast unglaubwürdig, dass das Lichtmess-Fest als der Beginn des Frühlings angesehen wird. Hier im Landesinnern, sieht man unter Umständen am 2. Februar immer noch eine Schneedecke die Mutter Erde bedeckt. Oder, wenn der Schnee verschwunden ist, kann man sicher sein, dass es an den Tagen nieselt, matschig ist und sich der Himmel grau in grau zeigt – das trübste Wetter des Jahres. Kurz gesagt, es ist die perfekte Zeit für ein heidnisches Fest des Lichts. Und obwohl das ein schwacher Frühlingsbeginn sein mag, werden sich all die kleinen Knospen, Blumen und Blätter planmäßig einfinden, bevor der Frühling seinen Lauf hin zu Beltane nimmt. 


"Lichtmess" ist natürlich der christianisierte Name für den Feiertag. Die älteren heidnischen Namen waren Imbolc und Oimelc. Imbolc bedeutet wortwörtlich „im Bauch“ (der Mutter). Denn im Bauch der Mutter Erde, versteckt vor unserer weltlichen Sichtweise, ist Bewegung, die mit feinem Gespür bereits wahrgenommen werden kann. Die Saat, die zur Wintersonnenwende in ihrem Bauch gepflanzt wurde, keimt schnell, und das neue Jahr schreitet voran. Oimelc bedeutet „Milch der Schafe“, da in dieser Zeit die Lämmer geboren werden. 


Der Feiertag wird auch zur Ehre der großen irischen Göttin “Tag der Brigid” genannt. An ihrem Schrein, in der alten Hauptstadt Irlands, Kildare, sorgten 19 Priesterinnen (Männer waren nicht erlaubt) dafür, dass eine immerwährende Flamme brannte. Sie wurde als eine Göttin des Feuers angesehen, eine Patronin der Schmiedekunst, der Dicht- und Heilkunst (besonders in Bezug auf die Geburtshilfe). Diese dreigeteilte Symbolik wurde gelegentlich dadurch ausgedrückt, dass man sagte, Brigid hätte zwei Schwestern, die ebenfalls Brigid heißen. (Übrigens ist „Bride“ eine andere Form des Namens Brigid und dadurch stehen Frauen, die vorhaben zu heiraten oder ein Handfasting machen wollen, unter ihrem Schutz und werden daher zu ihrer Ehre „Bride“ („Braut“) genannt.) 


Die römisch-katholische Kirche konnte nicht einfach die Große Göttin Irlands zur Dämonin machen und so sprachen sie sie statt dessen heilig. Und so wurde sie von nun an zur „Heiligen Brigid“, Schutzheilige der Schmiedekunst, Dichtkunst und Heilung. Sie begründeten dies den irischen Einheimischen damit, dass Brigid in Wirklichkeit eine der ersten christlichen Missionarinnen war, die zur „Grünen Insel“ gesandt wurde und dass die Wunder, die sie dort vollbrachte, dazu führten, dass die Einheimischen irrtümlich glaubten, sie wäre eine Göttin. Aus irgendeinem Grund glaubten das die Iren. (Die irische Vorstellungskraft kennt keine Grenzen. Zum Beispiel glaubten sie auch, dass Brigid die Pflegemutter von Jesus war, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass es unwahrscheinlich war, dass Jesus seine Kindheit in Irland verbracht hatte.) 


Brigids Festtag war hauptsächlich gekennzeichnet durch das Entzünden von heiligen Feuern, symbolisierten sie doch das Feuer von Geburt und Heilung, die Feuer der Schmiede und die Feuer der dichterischen Inspiration. Freudenfeuer wurden an den kahlen Hügeln der Leuchttürme entzündet und Kerzengießer feierten ihren speziellen Feiertag. Die römische Kirche übernahm auch schnell diese Symbolik, indem an „Lichtmesss“ die Kirchenkerzen, die für das nächste liturgische Jahr verwendet werden sollten, geweiht wurden. (Katholiken erinnern sich vielleicht daran, dass am darauffolgenden Tag, dem Tag des Heiligen Blasius, der Blasiussegen gesprochen wird – der Priester hält den Gemeindemitgliedern zwei der neu gesegneten Kerzen gekreuzt an den Hals um diese vor Erkältungen, Grippe, Halsentzündungen usw. zu bewahren.) 


Die katholische Kirche, der es bekanntlich nichts ausmacht, an einem Tag gleich mehrere Feste zu feiern, nannte das Fest auch das Fest der Reinigung der Heiligen Maria (Mariä Lichtmess). (Es ist erstaunlich, wie viele der alten heidnischen Feste zu Marien-Festen gemacht wurden). Das Symbol der Reinigung mag dem heutigen Leser etwas undurchsichtig erscheinen, aber es hat mit dem alten Brauch der „Aussegnung (Reinigung) der Frauen“ zu tun. Man glaubte nämlich, dass Frauen bis zu sechs Wochen nach einer Geburt, unrein waren. Und nachdem Maria zur Wintersonnenwende geboren hatte, würde sie erst am 2. Februar wieder rein sein. In die heidnische Symbolik könnte man es vielleicht so zurückübersetzen, dass die Große Mutter wieder zur jugendlichen Göttin wird.


Heute ist der Feiertag hauptsächlich mit der Wettervorhersage verbunden. Selbst unser amerikanischer Volkskalender enthält die Tradition des „Murmeltiertages“, ein Tag, um das zukünftige Wetter vorher zu sagen: Wenn das Murmeltier seinen eigenen Schatten sieht, dann gibt es sechs weitere Wochen schlechtes Wetter (d.h. bis zum nächsten alten Feiertag, dem „Lady Day“). Dieser Brauch ist sehr alt. Ein alter englischer Reim besagt, „wenn Candlemas ist hell und klar, dann gibt es zwei Winter im Jahr“. Tatsächlich können alle „Crossquarter“-Tage als umgekehrte Wettervorhersage-Tage verwendet werden, wohingegen die Quartalstage zur direkten Wettervorhersage verwendet werden.


Wie bei den anderen Großen Festen oder Großen Sabbate des Hexenjahres, wird Candlemas auch manchmal an seinem alternierenden Datum gefeiert, das astrologisch gesehen dann eintritt, wenn die Sonne 15 Grad im Sternzeichens Wassermann steht („Candlemas Old Style“). Übrigens haben einige moderne heidnische Gruppen vor kurzem damit begonnen, den Feiertag selbst „Brigid“ zu nennen, vermutlich steht das als Abkürzung für „Brigids Tag“. Diese lexikalische Faulheit ist bedauernswert, da sie den Namen einer Göttin mit dem richtigen Namen für einen Feiertag durcheinander bringt. Denselben verwirrenden Trend kann man auch in dem neuen Brauch sehen, das Herbstäquinoktium als „Mabon“ zu bezeichnen, was eigentlich der Name einer walisischen Gottform ist. 


Ein weiterer Festtag, der in diese terminliche Verwirrung hineingezogen wird, ist der Valentinstag. Der aus Ozark County stammende Volkskundler Vance Randolph hebt das ganz klar hervor, indem er anmerkt, dass in früherer Zeit der Murmeltiertag am 14. Februar gefeiert wurde. Dieselbe Verschiebung ist auch in der christlich-orthodoxen Ostkirche sichtbar. Ihr Brauch, die Geburt Jesu am 7. Januar zu feiern, hat zur Folge, dass die darauffolgende 6-Wochen Periode Mariä Lichtmess (Reinigung der Maria) auf den 14. Februar verschiebt. Es ist erstaunlich, dass das gleiche Durcheinander und die Verschiebung einer der alten Festtage von der russischen Steppe bis hin zu den Ozark Bergen verfolgt werden kann, aber so scheint es der Fall zu sein! 


Übrigens spekulieren Sprachwissenschaftler darüber, ob der Name von „Valentine“ heidnischen Ursprungs ist. Anscheinend war es bei den französischen Bauern des Mittelalters üblich, ein „g“ als „v“ auszuprechen. Infolgedessen könnte die ursprüngliche Bezeichnung das französische Wort „galantine“ gewesen sein, von dem das englische Wort „gallant“ („Hausfreund“) abstammt. Das Wort bezieht sich ursprünglich auf einen schneidigen jungen Mann, der für seine Liebesaffären bekannt ist, ein wahrer Draufgänger. Von diesem Blickwinkel aus gesehen, machen die üblichen Assoziierungen mit dem Valentinstag gleich viel mehr Sinn, als die vage Verbindung mit dem legendären St. Valentin je aufbringen könnte. Tatsächlich hatte auch die Kirche Mühe damit, den Zusammenhang dieses undurchsichtigen Heiligen mit den weltlichen Freuden wie dem Flirten und der höfischen Liebe zu erklären. 


Für modernen Hexen, kann Candlemas „Old Style“ als die heidnische Version des Valentinstags gesehen werden, wobei auf Herzen und Blumen nicht so viel Wert gelegt wird, dafür aber auf eine angemessene Betonung der heidnisch-sinnlichen Frivolität. Hierdurch lässt sich auch eine Verbindung mit dem alten römischen Fest Lupercalia herstellen, ein Fruchtbarkeitsfest, das zu dieser Zeit abgehalten wurde und in dem die Priester des Gottes Pan durch die Straßen Roms zogen und junge Frauen mit Riemen aus Ziegenhaut geißelten, um sie so fruchtbar zu machen. Den Frauen schien dies zu gefallen, und sie zogen sich oft aus, um ein besseres Ziel zu sein. 


Einer der schönsten Volksbräuche, der heute noch in vielen Ländern, speziell bei den Hexen der Britischen Inseln und in Teilen Amerikas praktiziert wird, ist der, eine angezündete Kerze in jedes Fenster zu stellen (oder zumindest in die Fenster, die zur Straße hin zeigen). Die Kerzen werden bei Sonnenuntergang am Vorabend von Lichtmess (1. Februar) in die Fenster gestellt und brennen bis zum Sonnenaufgang. Dabei sollte man aber aufpassen, dass die Kerzen gut platziert werden, also dass sie nicht tropfen oder in der Nähe von Vorhängen stehen, usw. Das ist ein wunderschöner Anblick, wenn in dieser kalten, düsteren und trostlosen Nacht jedes Haus vom Kerzenschein erleuchtet ist. Und wenn du der Kerzenmacher des Covens bist oder wenn du einfach nur gerne Kerzen selbst machst, dann ist Candlemas der richtige Tag, dies zu tun. Einige Coven veranstalten „Kerzengießer"-Partys, und versuchen an diesem Tag alle Kerzen hrzustellen und zu segnen, die sie im ganzen Jahr verwenden werden. 


Andere Bräuche dieses Festtages beinhalten das Flechten von “Brigid-Kreuzen” aus Stroh oder Weizenähren, die dann anschließend zum Schutz im Haus aufgehängt werden, Rituale zur spirituellen Reinigung und Säuberung, die Herstellung von "Brigids Betten", um die Fruchtbarkeit von Geist und Seele (und auch die des Körpers, wenn es gewünscht wird) sicher zu stellen, und die Herstellung von Lichtkronen (zum Beispiel aus Kerzen) für die Hohepriesterin, die diese dann im Candlemas Kreis trägt. Sie gleichen jenen, die in den skandinavischen Ländern zum Fest der Heiligen Lucia getragen werden. Alles in allem ist dieses heidnische Fest des Lichtes, das der jungen Göttin gewidmet ist, einer der schönsten und poetischsten Festtage des Jahres.


(Übersetzung <c> 2006 Blue Moon Coven)